The multiplicy of names, and some of their meanings,
show the difficulty in defining those spaces.
Gil Doron (2008)
Als Altstandort bezeichnet man von Altlasten geprägte Flächen wie ehemalige Industriestandorte oder abgeschlossene Deponieanlagen. Aufgrund ihrer Belastung durch umweltgefährdende Stoffe gehen von Altstandorten Gefahren für Mensch, Tier und Pflanze Gefahren aus, die aber zeitlich und in ihrem Umfang häufig nicht genau zu bestimmen sind.
Als derelinquiert oder herrenlos gilt ein Altstandort dann, wenn der Verursacher ihrer Verseuchung infolge von Eigentumsverzicht nicht mehr haftbar gemacht werden kann.
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Evert, Klaus-Jürgen (Hrsg.): Lexikon – Landschafts- und Stadtplanung. Mehrsprachiges Wörterbuch über Planung, Gestaltung und Schutz der Umwelt, Berlin et al.: Springer 2001.
Brunotte, Ernst (Hrsg.): Lexikon der Geographie in vier Bänden, Heidelberg et al.: Spektrum 2001–2002.
Leser, Hartmut (Hrsg.): Diercke. Wörterbuch Allgemeine Geographie, München: DTB 132005.
Hard, Gerhard: Vegetationsentwicklung auf Brachflächen, Darmstadt-Kranichstein: KTBL 1976.
Heterotopie und terrain vague
Der von Michel Foucault in seiner sozial- und kulturwissenschaftlichen Bedeutung geprägte Begriff der Heterotopie bezeichnet allgemein einen Ort, der relativ zu seinem sozialräumlichen Bezugssystem ›anders‹ ist und in verschiedener Hinsicht einen Gegenort zum ›normalen‹, ›orthotopischen‹ Raum einer Gesellschaft bildet. Der Formaldefinition nach ist die Heterotopie daher eine »tatsächlich realisierte Utopie«: Sie ist ein Ort, an dem räumliche Verhältnisse verwirklicht sind, die vom restlichen Raum in ihrer Möglichkeit eigentlich ausgeschlossen sind. Die Andersheit heterotoper Raumverhältnisse lässt sich insofern als eine spezifische Relation zwischen der internen Ordnung der Heterotopie und der Ordnung ihres gesellschaftlichen Einbettungsraums begreifen, wobei verschiedene Relationstypen verschiedene Subtypen der Heterotopie hervorbringen können. Universalisierende Heterotopien bilden die Ordnung eines Makroraums in ihrem Innern verdichtet ab (bspw. der Zoo). Abweichungsheterotopien versammeln und isolieren in sich Subjekte, die von der gesellschaftlichen Ordnung ausgesondert werden (etwa die psychiatrische Klinik). Krisenheterotopien bieten durch Suspension bestimmter sozialer Regeln einzelnen Subjekten den Raum zu individuellen Grenzerfahrungen, um sodann wieder in die Gesellschaftsordnung integriert zu werden (verschiedene Arten von Übergangsriten). Kompensationsheterotopien setzen den Ordnungsdefiziten des gesellschaftlichen Raums einen Mikrokosmos vervollkommneter Ordnung entgegen (so etwa bestimmte Kolonialstädte). Illusionsheterotopien suspendieren oder invertieren bestimmte Normen einer sozialen Ordnung, insbesondere moralischer Art, und schaffen so die Illusion einer anderes strukturierten Gesellschaft im Kleinen, wobei auch die Ordnungen des Einbettungsraums als gesellschaftliche Konstruktionen entlarvt werden (so etwa im Bordell). Heterochronien brechen mit den zeitlichen Strukturen eines gesellschaftlichen Raums, indem sie entweder durch Akkumulation von Zeit auf Ewigkeit abheben (wie es durch Archive wie Museen und Bibliotheken geschieht) oder indem sie für einen betont vergänglichen Zeitraum, nämlich für die ›Zeit des Festes‹, eine ›andere‹ Zeit herrschen lassen (wie im Fall der Saturnalien oder auch der Jahrmärkte). Allen Heterotopien ist aber das wesentliche Merkmal einer extraordinären Andersheit gemein, die aus der Spiegelung, Brechung, Übertretung, Negierung oder Invertierung gegebener sozialräumlicher Ordnungen resultiert.
Gegeben diese Charakterisierung, lassen sich einige Züge von ›Heterotopizität‹ im terrain vague wiederfinden, wenngleich auf eigentümliche Art und Weise. Die terrains vagues sind real existierende Orte und gleichzeitig vollkommen anders relativ zu ihrem urbanen Bezugssystem. Das terrain vague bildet einen Außen- und Gegenraum, der ökonomisch aufgrund seiner fehlenden aktuellen Nutzung und Dysfunktionalität, politisch aufgrund seines unklaren Status zwischen privatem und öffentlichem Raum, stadtplanerisch und ästhetisch aufgrund seiner Verlassenheit und zufällig gewordenen Gestalt, ökologisch aufgrund seiner Hybridität von verfallender Kultur und überwuchernder Natur und sozial aufgrund seiner häufigen spontanen, kreativen, informellen und teils illegalen Nutzung durch subkulturelle und marginale Gruppen aus der dichten, funktional differenzierten Raumstruktur der Stadt herausfällt. Es setzt den vielschichtigen Ordnungen auf all den genannten Ebenen einen Ort entgegen, welcher seine Andersheit daraus bezieht, dass diese Ordnungen gebrochen, übertreten, außer Kraft gesetzt oder aufgelöst werden.
In deutlichem Gegensatz zu den Heterotopien aber, welche eine wohldefinierte Funktion besitzen und zur Erfüllung ihres Zwecks von einer Gesellschaft eigens geschaffen werden, steht hinter dem terrain vague kein vergleichbarer Gestaltungs- und Planungswille. Ihre Nutzungsfunktion erwächst aus dem kreativen Umgang einzelner Akteure mit dem brachliegenden Raum. Während Heterotopien in ihrer gesellschaftlichen Bestimmung eindeutig ›lesbar‹ sind, scheitern Versuche einer eindeutigen Bedeutungszuschreibung im Falle der terrains vagues an ihrer grundlegenden Unbestimmtheit, sodass sie phänomenologisch betrachtet zunächst als unverständliche, seltsame, beunruhigende, aber auch als faszinierende, anziehende Räume, sozusagen als Fremdräume, als Xenotopien erscheinen.
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Doron, Gil: »The Dead Zone and the Architecture of Transgression«, in: CITY, analysis of urban trends, culture, theory, policy, action 4/2 (2000), S. 247–264.
Foucault, Michel: »Des espaces autres« (1967), in: Dits et écrits, hrsg. v. Daniel Defert u. François Ewald, Paris: Gallimard 1994, Bd. IV, S. 752–762; dt. »Von andere Räume«, in: Dits et Ecrits. Schriften in vier Bänden, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 2005, Bd. IV, S. 931–942.
Nitsch, Wolfram: »Terrain vague. Zur Poetik des städtischen Zwischenraums in der französischen Moderne«, in: Comparatio 5/1 (2013), S. 1–12.
Solà-Morales Rubió, Ignasi de: »Terrain vague«, in: Cynthia Davidson (hrsg.): Anyplace, Cambridge (Massachusetts): MIT Press 1995, S. 120.
Waldenfels, Bernhard: Ortsverschiebungen, Zeitverschiebungen. Modi leibhaftiger Erfahrung, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 2009.
Warning, Rainer: Heterotopien als Räume ästhetischer Erfahrung, München: Fink 2009.
In der Siedlungsgeographie bezeichnet der Begriff der Brachfläche nicht mehr genutzte Flächen, die nicht ohne Weiteres für neue Nutzungen offen stehen oder gänzlich aufgegeben wurden. In Abhängigkeit ihrer ehemaligen Nutzung wird unterschieden zwischen Industrie-, Gewerbe-, Wohn- und Infrastrukturbrachen. Prinzipiell stehen sie als städtebauliche Rest- oder Reserveflächen für neue Nutzungen oder als mögliche ökologische Ausgleichsflächen zur Verfügung, die dafür notwendigen Maßnahmen des sogenannten Flächenrecyclings variieren jedoch stark in ihrem Ausmaß je nach vormaliger Nutzung.
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Evert, Klaus-Jürgen (Hrsg.): Lexikon – Landschafts- und Stadtplanung. Mehrsprachiges Wörterbuch über Planung, Gestaltung und Schutz der Umwelt, Berlin et al.: Springer 2001.
Brunotte, Ernst (Hrsg.): Lexikon der Geographie in vier Bänden, Heidelberg et al.: Spektrum 2001–2002.
Leser, Hartmut (Hrsg.): Diercke. Wörterbuch Allgemeine Geographie, München: DTB 132005.
Hard, Gerhard: Vegetationsentwicklung auf Brachflächen, Darmstadt-Kranichstein: KTBL 1976.
Non-lieu und terrain vague
Der vom französischen Ethnologen Marc Augé geprägte Begriff der Nicht-Orte oder non-lieux bezieht sich im Allgemeinen auf gesichtslose, austauschbare Orte der späten Moderne, insbesondere auf Konsumzonen (Einkaufszentren, Supermärkte und Freizeitparks), Wartebereiche (wie sie an Bahnhöfen, Flughäfen oder Autobahnraststätten existieren), Verkehrsmittel- und wege (wie Flugzeuge, Züge und Autobahnen) und Kommunikationsmedien (sowohl Funk(telefon)- und Kabelnetze als auch Internet). Diesen Übergangsorten spricht Augé aufgrund ihrer Funktion als Durchgangsbereiche, an denen sich niemand für längere Zeit aufhält, und ihrem Mangel an sozialer Interaktion die Eigenschaften eines anthropologischen Ortes ab. Denn im Gegensatz zum lieu anthropologique, welcher einen konkreten, symbolisch aufgeladenen Ort meint, der Identität stiftet, gesellschaftliche Bezüge herstellt und mit der Geschichte verwoben ist, wird der Nicht-Ort negativ insofern als sein Gegenteil definiert, als er weder Identität noch soziale Relation noch Geschichtlichkeit konstituiert. Hierbei sind Ort und Nicht-Ort jedoch nur als idealtypische Extreme zu denken, die stets aufeinander bezogen sind.
Als Orte des Transits und der (stillen) Zirkulation, welche die Beziehungen der Individuen zueinander und zum Nicht-Ort selbst ganz auf einen ihn definierenden Zweck hin ausrichten, erzeugen sie eine spezifisch moderne Einsamkeitserfahrung, die verbunden ist mit einer bestimmten Art der Ähnlichkeit und Anonymität. Denn die provisorische und kulturell unabhängige Identität, welche der Nicht-Ort allen eintretenden Subjekten im Sinne einer Egalisierung gleichermaßen verleiht, nämlich die des vorübergehend autorisierten Nutzers als Kunde, Konsument oder Passagier, ersetzt jede Form von persönlicher Identität. Dies geschieht zudem in einem an Nutzungsmodalitäten gebundenen Vertragsverhältnis, das durch Ausweise, Fahr- und Kreditkarten bescheinigt wird und den impliziten Imperativ enthält, dass das Subjekt den Ort nur dann betreten darf, wenn es genau das tut, wozu dieser bestimmt ist bzw. wozu er das Subjekt zu tun bestimmt. Kommuniziert wird diese Aufforderung typischerweise in einer Form unpersönlicher Kommunikation, bei der sich Instanzen wie Textschilder oder -anzeigen unterschiedslos an die Nutzer richten und die Zirkulationsbedingungen angeben. Aufgrund seiner deindividualisierenden Wirkung und seiner Unfähigkeit, eine organische/funktionierende Gemeinschaft zu stiften, sieht Augé den gleichschaltenden Nicht-Ort auch als das genaue Gegenteil der Utopie an.
Nicht-Orte geben schließlich die räumliche Chiffre dessen ab, was Augé als Übermoderne oder surmodernité bezeichnet. Hiermit ist eine gesteigerte Stufe der Moderne gemeint, die durch dreifachen Exzess, d. h. einer Überfülle an Ereignissen, an Raum und an Sinn, gekennzeichnet ist. Denn erstens leben wir in einer an Ereignissen übervollen Welt, die schneller in Geschichte übergehen, als sie verstanden und gedeutet werden können, sodass stets die Schwierigkeit besteht, die Zeit zu denken, um der Gegenwart Sinn zu verleihen. Zweitens ergibt sich durch den Prozess der Globalisierung eine Überfülle an Raum, weil Transportmittel Distanzen verkürzen/minimieren und bild- und textübertragende Kommunikationsmedien sie gar auflösen. Durch zunehmende Informationsangebote, verbunden mit Individualismus, entsteht drittens eine Überfülle an Sinn, da das Subjekt nicht mehr auf verbindliche Interpretations- und Sinngebungsmuster zurückgreifen kann.
Dementgegen kristallisiert sich in den auf Pierre Nora zurückgehenden symbolträchtigen und identitätsstiftenden Erinnerungsorten das kollektive Gedächtnis einer sozialen Gruppe. Diese lieux de mémoire halten uns als geographische Orte, Objekte, Institutionen oder gar Begriffe die Geschichte vor Augen, um uns, indem sie zeigen, was wir nicht mehr sind, zu offenbaren, wer wir jetzt sind. Da sich in unserer übermodernen Welt einerseits die Nicht-Orte vermehren, womit der Verlust von Geschichte und Identität droht, und andererseits einige anthropologische Orte zu Erinnerungsorten erhoben werden, inszeniert man also Geschichte förmlich durch künstliches Schaffen von lieux de mémoire. Zu diskutieren bleibt, ob die auf natürliche Weise entstehenden Erinnerungsorte als Bündelungszentren subjektiver und kollektiver (homogener) Geschichtserfahrung überhaupt konstruiert werden können, oder ob sie als Ausdruck des Verhältnisses einer Gemeinschaft zu ihrer Geschichte wachsen müssen.
Vor dem Hintergrund von Augés Theorie der Nicht-Orte erscheinen die terrains vagues in gewisser Weise als Gegenräume, brechen diese Brachflächen gleich in mehrerer Hinsicht mit dem urbanen Raum: Denn obwohl sie im metrischen Sinn objektiv ganz nah sein können, erscheinen sie phänomenologisch gesehen eher als fremd und fern, weil sie aufgrund eines Mangels an offensichtlichem Wozu aus dem Gebrauchs- und Bedeutungskontext der übrigen Räume herausfallen. Und genau aufgrund dieses Fehlens entspringt das Wozu der freien Entscheidung des Subjekts, welches nicht etwa durch inhärente Nutzungsbestimmungen vertraglich an den Ort gebunden ist, d. h. die fehlende Bestimmung ermöglicht und bedingt eine individuelle Annäherung und eine freie Bedeutungszuweisung. Die persönliche Identität des Subjekts muss hierbei weder ersetzt werden noch anonym oder provisorisch bleiben. Inmitten einer von Überfülle an Ereignissen, Raum und Sinn gekennzeichneten urbanen Umgebung verkörpern die terrains vagues ferner Leere und das Gegenteil des dreifachen Exzesses. Sie sind zunächst leer an Ereignissen, da sie einen zeitlichen Zwischenraum bilden, in dem Zeit überhaupt nicht zu existieren scheint; dennoch können sich Sinnfragen auf ihnen ergeben. Nur Weniges von dem, was an spontanen Nutzungen auf einem terrain vague passiert, gelangt medial vermittelt an die Öffentlichkeit, sodass in jenem Mikrokosmos zwar eine Verkleinerung der Maßstäbe stattfindet, sich der zugängliche Spiel-, Imaginations-, Erfahrungs- und Möglichkeitsraum aber vergrößert. Diesen Räumen eignet eine Leere an Sinn, denn sie verzichten von vornherein auf feste Bedeutungszuschreibungen. Gleichzeitig stellen sie sich den Nicht-Orten entgegen, indem sie in der Lage sind, Urbanität und Heterogenität – namentlich die Gleichzeitigkeit des Unzeitgleichen und das Nebeneinander des Verschiedenen – entstehen zu lassen. Und dennoch sind sie weit davon entfernt, anthropologische Orte zu sein. Sie bilden einen Raum sui generis, der sich von beiden Konzepten bezüglich der Identitätsbildung abgrenzt. Weder stiften die terrains vagues von sich aus eine stabile kulturelle Identität, noch zwingen sie ihrem Nutzer eine provisorische Rollenidentität auf; sie bieten per se nichts dergleichen an. Sie sind jedoch zwangsläufig mit Geschichte verwobene Räume, die einerseits soziale Relationen be- und erzeugen können, andererseits lassen sie ihr Subjekt, weit entfernt von einem zweckorientierten Nutzer, unter Umständen auch (positive) moderne Einsamkeitserfahrungen machen.
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Augé, Marc: Non-lieux. Introduction à une anthropologie de la surmodernité, Paris: Seuil 1992 (La librairie du XXe siècle); dt.: Orte und Nicht-Orte. Vorüberlegungen zu einer Ethnologie der Einsamkeit, Frankfurt a. M.: Fischer 1994; Nicht-Orte, München: Beck 2010.
Burckhardt, Lucius: « Spaziergangswissenschaft » (1995), in: L. B.: Warum ist Landschaft schön? Die Spaziergangswissenschaft, Berlin: Schmitz 2006, S. 257–300.
Certeau, Michel de: « Pratiques d’espace », in: M. C.: L’invention du quotidien 1: Arts de faire (1980), Paris: Gallimard 1990 (Folio essais 146), S. 137–191.
Doron, Gil: « ‹…those marvellous empty zones at the edge of cities›. Heterotopia and the ‹dead zone› », in: Michiel Dehaene/Lieven de Cauter (Hrsg.): Heterotopia and the city. Public space in a postcivil society, New York: Routledge 2008, S. 203–213.
Nora, Pierre: Les Lieux de Mémoire, Paris: Gallimard 1984.
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Als Brachland wird in der Landwirtschaft entweder eine aus der Agrarproduktion längerfristig ausgeschiedene Nutzfläche, die keiner weiteren Verwendung zugeführt wurde, also auf Dauer unbestellt liegendes Ackerland, oder die nutzungsfreie Phase eines landwirtschaftlichen Bodennutzungssystems, also im Rahmen einer Fruchtfolge nicht genutztes, offen gehaltenes Ackerland bezeichnet. In seiner allgemeinen Bedeutung wird der Begriff der Brache als „in jüngerer Zeit aufgelassenes Kulturland“ definiert (Hard 1976). Unterschieden werden in Abhängigkeit von Ursache und Zweck des Brachfallens verschiedene Typen des Brachlandes.
Kommt es zu einer Nutzungsaufgabe, weil der Boden eine zu geringe Ertragsfähigkeit aufweist oder weil der Arbeitsaufwand bei der Bearbeitung zu hoch, sodass die Nutzung der Fläche nicht rentabel ist, so spricht man von einer Grenzertragsbrache.
Als Rotationsbrache bezeichnet man das planmäßig und vorübergehend unbestellte, erholende Land innerhalb einer geregelten Nutzung; dieser Typ wird auch Schwarzbrache genannt, weil der Boden durch mehrfaches Pflügen vegetationslos, also ‚schwarz’ bleibt.
Auf der Halb- bzw. Teilbrache erfolgt nach frühen Feldfrüchten kein weiterer Anbau im selben Jahr, auf der Dauerbrache wurde die Nutzung dagegen mehrjährig unterbrochen.
Wenn sich auf einer Dauerbrache die natürliche Vegetation ungestört entwickeln kann, spricht man von Sukzessionsbrache. Dient eine Brache dem ökologischen Ausgleich, handelt es sich um eine Buntbrache, wird sie systematisch begrünt durch Selbstberasung oder Verunkrautung, um eine Grünbrache. Bleibt eine Dauerbrache ohne weitere Nutzung liegen, wird sie als verödendes Kulturland bezeichnet.
Die Trockenbrache kann erst bestellt werden, wenn der Boden wieder genügend Feuchtigkeit aufgenommen hat. Die Stilllegungsbrache erfolgt im Rahmen der Agrarpolitik zur Minderung von Überproduktion durch Flächenstilllegungen. Die Sozialbrache hat dagegen außerlandwirtschaftliche Faktoren und gilt nicht als ‚Brache’ im eigentlichen Sinne.
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Evert, Klaus-Jürgen (Hrsg.): Lexikon – Landschafts- und Stadtplanung. Mehrsprachiges Wörterbuch über Planung, Gestaltung und Schutz der Umwelt, Berlin et al.: Springer 2001.
Brunotte, Ernst (Hrsg.): Lexikon der Geographie in vier Bänden, Heidelberg et al.: Spektrum 2001–2002.
Leser, Hartmut (Hrsg.): Diercke. Wörterbuch Allgemeine Geographie, München: DTB 132005.
Brunner, H. R.: „Sozialbrache oder Wirtschaftsbrache?“, in: Geographica Helvetica 1/1975, S. 42–44.
Hard, Gerhard: Vegetationsentwicklung auf Brachflächen, Darmstadt-Kranichstein: KTBL 1976.
Niemandsland und terrain vague
Der Begriff des Niemandslandes, dem englischen no man’s land nachgebildet, bezeichnet ursprünglich einen Zwischenraum im militärischen oder politischen Sinn. Ins Deutsche gelangte er während des Ersten Weltkrieges, wo man das Gelände zwischen zwei gegnerischen Fronten so nannte. Im Stellungskrieg wurde es auf beiden Seiten von Stacheldrahtzäunen begrenzt und aus den dahinter liegenden Schützengräben unter Dauerfeuer genommen. Insofern war es im doppelten Sinne «niemandes Land», konnte weder von einem der beiden Heere kontrolliert noch ohne Gefährdung des eigenen Lebens betreten werden. Der modernen militärischen Bedeutung des Begriffs ging im Englischen eine ältere, doch gleichfalls erhaltene politische Bedeutung voraus. Als Lehnübersetzung des lateinischen Rechtsterminus terra nullius bezeichnet der Ausdruck no manʼs land auch ein ziviles Territorium ohne rechtmäßigen Herrscher oder Besitzer. In diesem Sinne wird insbesondere die neutrale Zone zwischen zwei Grenzen oder Grenzposten als Niemandsland bezeichnet. Beide Lesarten bestehen bis heute nebeneinander, wie zwei neuere Filmtitel belegen: Während es in NO MAN’S LAND von Boris Tanovič um einen verlassenen Schützengraben im Balkankrieg geht, spielt der gleichnamige Film von Alain Tanner im Grenzstreifen zwischen Frankreich und der Schweiz. Anders als das terrain vague wird das Niemandsland somit in erster Linie über eigentümliche Machtverhältnisse bestimmt. Es grenzt an zwei Herrschaftsbereiche, bildet jedoch selbst ein herrenloses Gelände.
Der buchstäbliche Sinn des Begriffs bleibt in der Regel auch gegenwärtig, wenn er metaphorisch für urbane Zwischenräume verwendet wird. Im Rückgriff auf die politische Bedeutung kann dabei das städtische no man’s land als Ort der Zuflucht erscheinen, in Erinnerung an die militärische Lesart aber auch als Gefahrenbereich. Der erste Fall liegt vor, wenn Siegfried Kracauer das begrünte Rondell eines vielbefahrenen Kreisverkehrs als «Niemandsland» mitten in Berlin beschreibt, oder wenn Patrick Modiano mit der gleichen Metapher bestimmte «neutrale Zonen» in Paris ausweist, wo seine Prota-gonisten untertauchen und Verfolgern entrinnen können. Als bedrohlicher Ort erscheint das «Niemandsland» am Rand der Stadt hingegen bei Julien Gracq oder Michel Leiris, die dort in ihrer Kindheit Gefahren gewittert haben, oder wiederum bei Modiano, dessen jugendliche Helden in den «neutralen Zonen» der Metropole schließlich die Sogwirkung «schwarzer Löcher» erfahren. In jedem Fall präsentiert sich das Niemandsland dabei weniger als Möglichkeitsraum, wo Neues hervortreten kann, denn vielmehr als Bezirk eines wenigstens zeitweiligen Verschwindens.
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Gracq, Julien: Lettrines 2, Paris: Corti 1974.
Kracauer, Siegfried: «Der neue Alexanderplatz» (1932), in: Schriften, hrsg. v. Inka Mülder-Bach, Bd. 5.3, Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1990, S. 150–154.
Leiris, Michel: «Le sacré dans la vie quotidienne» (1938), in: Denis Hollier (Hrsg.): Le Collège de Sociologie (1937–1939), Paris: Gallimard 21995 (Folio Essais), S. 94–119; dt.: «Das Sakrale im Alltag», übers. v. Horst Brühmann, in: Das Collège de Sociologie. 1937–1939, hrsg. v. Irene Albers/Stephan Moebius, Berlin: Suhrkamp 2012, S. 98–111.
Modiano, Patrick: Dans le café de la jeunesse perdue, Paris: Gallimard. Im Café der verlorenen Jugend, übers. v. Elisabeth Edl, München: Hanser 2012.
Nübel, Christoph: «Das Niemandsland als Grenze. Raumerfahrungen an der Westfront im Ersten Weltkrieg», in: Zeitschrift für Kulturwissenschaften 2 (2008), S. 41–52.
Vismann, Cornelia: «Starting from scratch. Concepts of order in no man’s land», in: Bernd Hüppauf (Hrsg.): War, violence and the modern condition, Berlin/New York: De Gruyter 1997, S. 46–65.
Der Begriff des Flächenrecyclings bezeichnet die Sanierung von alten, oft belasteten, brachliegenden Industrie-, Gewerbe- und Infrastrukturflächen für die städtebauliche Wiedernutzung. Diese auch als Revitalisierung von Brachflächen bezeichneten Maßnahmen dienen dem übergeordneten Ziel, den Verbrauch von Landschaft als einer limitierten Ressource einzuschränken. Die Möglichkeiten einer erfolgreichen Wiedernutzung sind in der Regel von der Finanzierbarkeit der erforderlichen Altlastensanierung abhängig.
Als Folgenutzung für disponible Altstandorte (d.h. Standorte, deren ursprüngliche Nutzung aufgegeben oder verdrängt wurde, insbesondere brachliegende Industrie-, Gewerbe- und Verkehrsflächen) steht prinzipiell das gesamte Spektrum öffentlicher und privater Nutzungen zur Verfügung; ebenso ist die Rückverwandlung in eine quasi-natürliche Fläche möglich.
Von der Sache her ist das Prinzip des Flächenrecyclings so alt wie der Städtebau selbst, doch angesichts des in den letzten Jahrzehnten gehäuften Aufkommens von Altstandorten im Zuge des Strukturwandels sowie des alarmierend hohen Verbrauchs der Bodenressourcen hat die Frage nach dem Umgang mit Brachflächen neue Relevanz und Aufmerksamkeit erlangt. Die Disponibilität nicht mehr genutzter Flächen wird gegenwärtig folglich zumeist als Chance für eine sinnvolle Stadtentwicklung betrachtet, in deren Vordergrund die Abkehr vom Planungsparadigma der funktionalen Trennung und die Hinwendung zum neuen Leitbild der Nutzungsmischung und der nachhaltigen Innenentwicklung steht.
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Evert, Klaus-Jürgen (Hrsg.): Lexikon – Landschafts- und Stadtplanung. Mehrsprachiges Wörterbuch über Planung, Gestaltung und Schutz der Umwelt, Berlin et al.: Springer 2001.
Brunotte, Ernst (Hrsg.): Lexikon der Geographie in vier Bänden, Heidelberg et al.: Spektrum 2001–2002.
Leser, Hartmut (Hrsg.): Diercke. Wörterbuch Allgemeine Geographie, München: DTB 132005.
Höhmann, Marc: Flächenrecycling als raumwirksame Interaktion, Köln: Geographisches Institut der Universität zu Köln 1999.
Hard, Gerhard: Vegetationsentwicklung auf Brachflächen, Darmstadt-Kranichstein: KTBL 1976.
Als Freiflächen werden in der Stadtplanung Flächen bezeichnet, die unbebaut sind, sei es, weil sie sich in noch natürlichem Zustand befinden oder weil sie durch den Menschen gestaltet wurden. Typische Freiflächen im Siedlungsbereich sind etwa Spielplätze, Sportplätze, Friedhöfe, Kleingartenanlagen oder Erholungswälder. Freiflächen sind für Zwecke der Freizeit und Erholung öffentlich, halb-öffentlich (kollektiv) oder privat nutzbar und dienen des Weiteren der städtebaulichen Gliederung und Gestaltung der Bauflächen sowie verkehrstechnischen und kulturellen Zwecken.
In einem engeren, ökologischen Sinne versteht man unter Freiflächen unbebaute Ausgleichs- und Regenerationsflächen innerhalb, zwischen und am Rand von Siedlungen, die der Klimaverbesserung, der Grundwassererneuerung oder dem Landschafts- und Naturschutz dienen. Der räumliche Verbund von Freiräumen, insbesondere von Grünflächen wie Stadtplätze, Parkanlagen, Alleen, Grüngürtel und Grünverbindungen wird auch als Freiraumsystem bezeichnet.
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Evert, Klaus-Jürgen (Hrsg.): Lexikon – Landschafts- und Stadtplanung. Mehrsprachiges Wörterbuch über Planung, Gestaltung und Schutz der Umwelt, Berlin et al.: Springer 2001.
Brunotte, Ernst (Hrsg.): Lexikon der Geographie in vier Bänden, Heidelberg et al.: Spektrum 2001–2002.
Leser, Hartmut (Hrsg.): Diercke. Wörterbuch Allgemeine Geographie, München: DTB 132005.
Hard, Gerhard: Vegetationsentwicklung auf Brachflächen, Darmstadt-Kranichstein: KTBL 1976.
Der Begriff des Ödlands bezeichnete im ursprünglichen und engen Sinne aus der Nutzung gefallene Weideflächen, auf denen sich aufgrund der durch Verheidung und Verbuschung verminderten Bodenfruchtbarkeit in der Folge artenarme Wälder entwickelten. Heute versteht man unter Ödland land- und forstwirtschaftlich ertragloses (‚ödes’) Land auf leistungsschwachen Standorten. In der Regel handelt es sich dabei um offenes, nicht unter Kultur genommenes Land, das wegen seiner ungünstigen ökologischen Verhältnisse nicht genutzt wird, das aber im Gegensatz zu Unland durch Kultivierung und Melioration einer ökonomischen Nutzung zugeführt werden könnte. Der Begriff ist also rein ökonomisch definiert und bezieht sich nicht auf das ökologische Potential der betroffenen Fläche. Ödland kann als natürliche oder quasi-natürliche Fläche vorkommen, so etwa Moor- und Heideflächen, oder anthropogen zustande kommen wie im Fall von Kippen, Halden und Brachen. Wegen des fehlenden Nutzungsdrucks und der damit verbundenen fehlenden Belastung erweisen sich Ödlandstandorte als mögliche Refugien für seltene Tier- und Pflanzenarten sowie als mögliche ökologische Ausgleichsflächen.
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Evert, Klaus-Jürgen (Hrsg.): Lexikon – Landschafts- und Stadtplanung. Mehrsprachiges Wörterbuch über Planung, Gestaltung und Schutz der Umwelt, Berlin et al.: Springer 2001.
Brunotte, Ernst (Hrsg.): Lexikon der Geographie in vier Bänden, Heidelberg et al.: Spektrum 2001–2002.
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Hard, Gerhard: Vegetationsentwicklung auf Brachflächen, Darmstadt-Kranichstein: KTBL 1976.
Als Refugium (auch Refugial- oder Residualgebiet) wird in der Geographie ein Areal oder eine Region bezeichnet, in die sich eine Pflanzen- oder Tierart bei ungünstigen Veränderungen der klimatischen und ökologischen Bedingungen zurückziehen und überdauern kann. Arten, die dank eines Refugiums eine zahlenmäßig reduzierte Population erhalten konnten, werden auch Relikttiere oder Reliktpflanzen genannt, das Refugium entsprechend auch Reliktstandort. Auch in Bezug auf menschliche Populationen spricht die Geographie von Refugien, wenn sich Bevölkerungsgruppen aufgrund von Verschlechterungen der Lebensbedingungen aus ihren vorherigen Lebensräumen dorthin zurückziehen.
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Evert, Klaus-Jürgen (Hrsg.): Lexikon – Landschafts- und Stadtplanung. Mehrsprachiges Wörterbuch über Planung, Gestaltung und Schutz der Umwelt, Berlin et al.: Springer 2001.
Brunotte, Ernst (Hrsg.): Lexikon der Geographie in vier Bänden, Heidelberg et al.: Spektrum 2001–2002.
Leser, Hartmut (Hrsg.): Diercke. Wörterbuch Allgemeine Geographie, München: DTB 132005.
Hard, Gerhard: Vegetationsentwicklung auf Brachflächen, Darmstadt-Kranichstein: KTBL 1976.
Die Sozialbrache hat keine landwirtschaftlichen Ursachen, sondern wird durch gesellschaftliche Faktoren induziert. Es handelt sich bei ihr um landwirtschaftlich nutzbares und bisher genutztes Kulturland, dessen Bestellung durch soziales Verhalten der Flächenbesitzer, in aller Regel aus wirtschaftlichen Gründen, aufgegeben wird. Typischerweise entstehen Sozialbrachen, wenn sich den Inhabern der Flächen in anderen wirtschaftlichen Sektoren bessere Erwerbsmöglichkeiten auftun, die Fläche aber aus persönlichen oder wirtschaftlichen Gründen weder verkauft noch verpachtet wird. In der Sozialgeographie wird die Sozialbrache daher häufig als Indikator für sozio-ökonomische Veränderungen betrachtet, klassischerweise für den Übergang von einer agrarischen zu einer industriellen Gesellschaft und der mit ihr verbundenen sozialen Umschichtung von Bauern zu Arbeitern.
Am Rand von Großstädten befinden sich zudem Sozialbrachen, deren ehemalige landwirtschaftliche Nutzung in der Hoffnung auf zukünftige Verkaufsmöglichkeiten der Fläche als Bauland aufgegeben wurde. In diesem Fall spricht man von Spekulationsbrachen.
Im Französischen wird dem Unterschied eines Brachfallens aus landwirtschaftlichen Gründen einerseits und sozio-ökonomischen Gründen andererseits durch die Begriffe jachère für das ‚echte Brachland’ und friche für die Sozialbrache Rechnung getragen.
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Evert, Klaus-Jürgen (Hrsg.): Lexikon – Landschafts- und Stadtplanung. Mehrsprachiges Wörterbuch über Planung, Gestaltung und Schutz der Umwelt, Berlin et al.: Springer 2001.
Brunotte, Ernst (Hrsg.): Lexikon der Geographie in vier Bänden, Heidelberg et al.: Spektrum 2001–2002.
Leser, Hartmut (Hrsg.): Diercke. Wörterbuch Allgemeine Geographie, München: DTB 132005.
Brunner, H. R.: „Sozialbrache oder Wirtschaftsbrache?“, in: Geographica Helvetica 1/1975, S. 42–44.
Hard, Gerhard: Vegetationsentwicklung auf Brachflächen, Darmstadt-Kranichstein: KTBL 1976.
Rey-Debove (Hrsg.): Le nouveau Petit Robert, Paris: Le Robert 2009.
In der Landschaftsplanung bezeichnet der Begriff des Unlands diejenigen Flächen, die sich nicht in Nutzung bringen (sog. Anökumene), also land- und forstwirtschaftlich nicht kultivierbares, völlig unfruchtbares Land. Oft wird das Unland mit dem Ödland gleichgesetzt, welches aber prinzipiell als nutz- und kultivierbar gilt. Zum Unland gehören demnach etwa Fels-, Schotter-, Sand-, Schnee- und Eisflächen. Da Unland in der Regel anthropogen wenig beeinflusst ist, kommt ihm landschaftsökologisch eine wichtige Bedeutung als ökologischen Ausgleichsraum zu, in dem Ökosysteme mehr oder weniger natürlich oder quasi-natürlich funktionieren können.
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Evert, Klaus-Jürgen (Hrsg.): Lexikon – Landschafts- und Stadtplanung. Mehrsprachiges Wörterbuch über Planung, Gestaltung und Schutz der Umwelt, Berlin et al.: Springer 2001.
Brunotte, Ernst (Hrsg.): Lexikon der Geographie in vier Bänden, Heidelberg et al.: Spektrum 2001–2002.
Leser, Hartmut (Hrsg.): Diercke. Wörterbuch Allgemeine Geographie, München: DTB 132005.
Hard, Gerhard: Vegetationsentwicklung auf Brachflächen, Darmstadt-Kranichstein: KTBL 1976.